Pfingsten: Gaben und Charismen | Carolin Goydke

Pfingsten: Gaben und Charismen

Mit dem Pfingstereignis verbinden wir das Herabkommen des Heiligen Geistes, die eindrucksvolle Predigt des Petrus und die Entstehung der ersten Gemeinde. (Apg. 2)
Wie wirkt sich dieses Ereignis auf die Kirche von heute aus?

Pfingsten ist vorbei und Pfingsten ist… seitdem!
Einmal im Jahr feiern wir in der Kirche das Pfingstfest. Ihm geht das Fest Christi Himmelfahrt voraus. Neun Tage liegen dazwischen, in denen wir nachempfinden, wie es den Jüngern Jesu ergangen ist, nachdem Jesus vor ihren Augen in den Himmel aufgenommen wurde. Sie waren diesmal nicht so niedergeschlagen, wie nach Jesu Tod, aber es sah auch nichts nach Aufbruch aus.
Pfingsten ist „der große Moment“. Der Moment, in dem sich das zeigt, was Jesus angekündigt hat. Der Moment, in dem die Jünger anfingen, wieder öffentlich über ihren Glauben zu sprechen. Die Situation war spektakulär und das Ergebnis erst recht: Sie begannen in fremden Sprachen zu reden, die Menschen hörten sie und staunten, Petrus erklärte und predigte und an einem einzigen Tag kam es zu dreitausend Neuaufnahmen in die bis dahin eher kleine Gemeinschaft.

In Zeiten wie diesen könnte uns das Pfingstereignis entmutigen. Es ist sicher niemandem entgangen, dass die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland drastisch abnimmt. Wir können schimpfen auf die Menschen, die uns nicht mehr zuhören, enttäuscht sein von Gott, der uns nicht befähigt, aufsehenerregend in fremden Sprachen zu sprechen, könnten resignieren, weil im Laufe der Geschichte immer mehr geboten werden musste, um Menschen zum Staunen zu bringen.
Es könnte uns aber auch Mut machen. Denn Pfingsten ist seitdem. Seit über zweitausend Jahren. Die Botschaft Christi trifft immer wieder Menschen „mitten ins Herz“ so wie damals. Immer wieder kehren Menschen um und lassen sich taufen. Und immer wieder spricht Gott ihnen zu, dass sie die Gaben des Heiligen Geistes empfangen werden.

Was sind diese „Gaben des Heiligen Geistes“?
In der Bibel gibt dazu verschiedene Textstellen. Sowohl im ersten Testament („alten Testament“), als auch in den Briefen des Apostels Paulus ist von den sogenannten „Geistesgaben“ (Charismen) die Rede. Es handelt sich um Geschenke Gottes, die den Menschen auf unterschiedliche Weise gegeben sind.

Paulus benennt verschiedene Charismen, die Gabe der prophetischen Rede, die Gabe des Dienens, die Gabe des Lehrens, die Gabe zu trösten und zu ermahnen (Römer 12), sowie die Gaben Weisheit mitzuteilen, die Gabe der Glaubenskraft, die Gabe der Krankenheilung (1. Korinther 12), um nur einige zu nennen. Wahrscheinlich geht es ihm nicht um eine vollständige Aufzählung aller möglichen Charismen, da er in beiden Texten betont, dass es nur den einen Geist gibt und die Gemeinde ein einziger Leib, also ein Körper ist, der davon lebt, dass es viele unterschiedliche Körperteile mit vielen unterschiedlichen Fähigkeiten gibt, die miteinander verbunden sind. Und er ermutigt dazu, diese Fähigkeiten, diese von Gott geschenkten Gaben einzusetzen.

Den Menschen mit seinen Gaben sehen.
In den letzten Jahren ist viel geforscht und geschrieben worden zur Charismenorientierung. Es gab geradezu eine Wiederbesinnung darauf, zu erkennen, mit welchen Gaben jede einzelne Person von Gott gesegnet ist und welche Aufgaben sie mit ihren ganz persönlichen Fähigkeiten in der Gemeinde übernehmen kann. Also: Weg von dem Konzept, Aufgaben so zu konzipieren, dass keine besonderen Fähigkeiten erforderlich sind, weg von dem Gedanken, Aufgaben reihum zu verteilen. Stattdessen dahin, Menschen ermutigen, ihre von Gott gegebenen Charismen zu entdecken und in Einklang mit ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten für die Gemeinde, also „den Leib Christi“ einzusetzen.

Gerade in den letzten Jahren, die sehr herausfordernd sind für unsere Gemeinden zeigt sich, wie wichtig es ist, dass sich unterschiedliche Menschen mit ihren unterschiedlichen Begabungen engagieren. Wie sonst hätten wir den Prozess der Pastoralen Räume so hinbekommen? Oder die Vermögens- und Immobilienreform? Wie sonst könnten vielfältige und lebendige Gottesdienste gefeiert werden, von denen es so einige gibt in unserer Pfarrei.

Was ist das Besondere an den Gaben des Heiligen Geistes?
Werfen wir noch einmal einen Blick auf das Pfingstgeschehen:
Hätte man den Jüngern einige Tage vorher gesagt, dass sie in aller Öffentlichkeit sprechen und ihren Glauben bekennen würden:  Sie hätten wahrscheinlich den Kopf geschüttelt.
Hätte man den Jüngern einige Tage vorher gesagt, dass sich an einem Tag dreitausend Menschen aufgrund der Rede von Petrus taufen lassen würden: Sie hätten es höchstwahrscheinlich nicht geglaubt.

Der heilige Geist verändert.
Und zwar nicht ein kleines bisschen, sondern manchmal richtig krass.
In diesem Sinne: Seien Sie, sei du ermutigt, zu erforschen und zu erkennen, welche Geistesgaben dir geschenkt wurden!
Paulus schreibt: „hat einer die Gabe des Dienens, dann diene er, Wer zum Lehren berufen ist, der lehre, wer zum Trösten und Ermahnen berufen ist, der tröste und mahne.“ (Apostelgeschichte 12)

Und es ist davon auszugehen: Da sind Frauen und Männer gleichermaßen gemeint. Also: Kirche lebt von Menschen, die sich miteinander und füreinander engagieren.
Auch in unseren Gemeinden gibt es viele Möglichkeiten, sich ehrenamtlich einzubringen. So wie bei den ersten Christen.
Denn: Pfingsten ist nicht vorbei!

Carolin Goydke

Carolin Goydke
ist Mitglied in der Pfarrei Heilige Elisabeth.

Sie ist Referentin für Engagementförderung im Erzbistum Hamburg.
Von 2011 bis 2023 hat sie das Freiwilligen Zentrum Hamburg geleitet.

Bild: Pixabay: mosaic-409427_1280