Die Geschichte der Glocken der Herz-Jesu-Kirche ist eine spannende Geschichte unserer Gemeinde und zugleich die Geschichte großmütiger Spenderaktivität.
Die etwa 110 Katholiken, die zum Ende des 19. Jahrhunderts in Reinbek lebten, gingen zum Gottesdienst nach Bergedorf. Ein eigenes Gotteshaus hatten sie nicht. Doch mit dem Gebäude, das sich die Grauen Schwestern 1898 zur besseren Krankenpflege errichtet hatten, war auch eine dem Herzen Jesu geweihte schöne Klosterkapelle entstanden, die den Reinbeker Katholiken schnell ans Herz wuchs.

Im Jahr 1904 schenkte Max Tiefenbacher für diese Kapelle sechs Glocken.
Er behielt sich auf Lebenszeit das Recht vor, die Schenkung zu widerrufen, falls in Reinbek eine kirchlich und staatlich anerkannte katholische Gemeinde mit einem eigenen Kirchengebäude entstanden ist. Dann sollten die Glocken an diese Gemeinde übergeben werden.
Die Glocken wurden 1904 von der Glockengießerei Franz Schilling in Apolda gegossen mit den Tönen aufsteigend h, cis, e, fis, gis und h´. Sie trugen die Namen der 5 Söhne von Max Tiefenbacher: Hans aus erster Ehe und Max, Joseph, Alfred und Paul aus zweiter Ehe. Die sechste und kleinste trug den Namen Clemens in Würdigung seiner zweiten Ehefrau Clementia. Am 25.9.1904 wurden die Glocken von Rektor Hülster geweiht und erklangen zum ersten Mal, als Elisabeth (geb. 1.9.1904), die jüngste Tochter von Max Tiefenbacher, getauft wurde.
Als im 1. Weltkrieg die Einziehung von Glocken drohte, versuchte Herr Tiefenbacher, sie vor dem Zugriff des Staates zu retten, indem er sie in das Eigentum des Osnabrücker Bischofs, zu dessen Bistum Reinbek damals gehörte, zu überführen. Doch bevor die Verhandlungen dazu abgeschlossen werden konnten, waren fünf Glocken am 4.7.1917 konfisziert worden. Nur die kleinste Glocke „Clemens“ war dem St. Adolf-Stift geblieben.
Pastor Esters, der von 1908 bis 1924 Hausgeistlicher des St. Adolf-Stifts und Pfarrer der jungen aber noch nicht selbstständigen Kirchengemeinde Reinbek war, bemühte sich nach dem Krieg wieder um ein größeres Geläut. Er fand in dem Wentorfer Herrn Zeisner, der als Erwachsener zum katholischen Glauben übergetreten war und sich dankbar seiner Erstkommunion erinnerte, einen großzügigen Spender. Drei Glocken wurden 1923 bei der Firma F. Otto in Hemelingen bei Bremen bestellt zu einem Preis von 131.365 Mark. Dabei wurde die kleine Glocke „Clemens“ mit einem Bronzegewicht von 40 kg abgegeben und das Material gegengerechnet. Während der Auftragsabwicklung erhöhte sich der Preis auf 21.581.170 Mark, also um fast das 170-fache. Es war die Zeit extremer Geldentwertung.
Die Glocken waren – von der größten zur kleinsten – auf die Töne as, b und c gestimmt und dem heiligen Heinrich, der heiligen Katharina und der heiligen Maria-Magdalena geweiht. Am 3. Juli 1923 erklangen sie zum ersten Mal.
Kurz danach, am 16. September 1923, wurde die Pfarrei Reinbek kirchenrechtlich und staatlich anerkannt und zum 1.4.1923 rückwirkend als eigenständige Pfarrei begründet. Auf ein eigenes Kirchengebäude musste die Gemeinde allerdings noch Jahre warten.
Inzwischen war der 2. Weltkrieg ausgebrochen und wieder griff die Kriegswirtschaft nach Glocken. Die beiden größeren mussten abgegeben werden. Nur die kleinste Glocke mit dem Ton c und der Inschrift „St. Maria Magdalena binde das Band – Reinbek 1923 – F. Otto“, 300 kg schwer und 79 cm im Durchmesser, durfte bleiben. Sie rief bis 1951 zum Gottesdienst, bis für einen Erweiterungsbau des St. Adolf-Stifts die Kapelle mit Turm weichen musste. Die Reinbeker Katholiken verloren damit ihre langjährige Pfarrkirche und sahen sich gezwungen, ein eigenes Kirchengebäude zu errichten.

Nachdem im Jahr 1953 unsere Herz-Jesu-Kirche gebaut worden war, schenkten die Grauen Schwestern der Gemeinde die bei ihnen verbliebene Glocke.
Die zweite Glocke unserer Kirche ist im Jahr 1959 von der Familie Paul Tiefenbacher gespendet worden. Sie wurde wie die andere Glocke von der Gießerei F. Otto gegossen und am 28.6.1959 geweiht. Sie erklingt im Ton a, wiegt 500 kg, der Durchmesser ist 92 cm. und sie trägt die Inschrift „Das Größte ist die Liebe“.
Nikolaus Häusler