Predigt zum Weltgebetstag um geistliche Berufungen am 03.05.2020

Der heutige Sonntag ist zugleich der Weltgebetstag um geistliche Berufungen. Das lädt ein sich dem Thema Berufung zu zu widmen. Wer ist alles berufen? Nur die Priester, Diakone und Ordensleute? Sicher nicht. Jeder Mensch trägt in sich die ganz eigene von Gott gegebene Berufung. Dabei ist keinesfalls nur die einmalige große Berufung zur Lebensform, Ehe oder Zölibat gemeint. Berufung meint natürlich die große Berufung eines jeden, aber auch die vielen mittleren und kleinen Berufungen.

Aber was genau ist Berufung? Wie das Wort es andeutet, ruft da jemand jemanden – Gott ruft mich. In eine Lebensform, in einen Beruf, in ein Engagement, an einen Ort oder in eine Situation. Berufung hat mit Vertrauen zu tun, dass Gott mich auf meinem Lebensweg jede Sekunde begleitet und dass er einen Plan für mich hat.

Die Schwierigkeit ist doppelt. Zum Einen muss ich seinen Ruf überhaupt erst vernehmen, was will er von mir? – Stille, Gebet oder Gespräch mit guten Menschen können da eine Hilfe sein. Vielleicht habe ich aber auch ein tiefsitzendes Gefühl, das mir den Weg weist. Zum Anderen muss ich den Weg Gottes für mich akzeptieren, ihn annehmen. Das hat mit Entscheidung zu tun. Indem Gott mir einen Weg weist, fordert er mich heraus mich zu entscheiden. Der Unterschied zu Unterwerfung, was manch andere Religion fordert, ist die Freiheit. Gott zwingt mich nicht und Gott straft auch nicht, wenn ich mich dagegen entscheide.

Ich bin frei – auch vor Gott!

Das mag man jetzt missverstehen im Sinne von, alles was ich tue findet Gott gut. Sicher nicht! Kann ich meine Berufung verfehlen? Ja, ich glaube schon. Aber da gehört schon eine Menge dazu.

Wenn ich vom Weg abbiege den Gott mir zugedacht hat, dann bin ich nicht gottlos, sondern eben auf dem Weg – vielleicht ein Umweg – vielleicht aber ein notwendiger.

Im heutigen Evangelium spricht Jesus davon, dass er die Tür sei. Wenn ich mich für eine Sache entscheide, dann entscheide ich mich zugleich gegen unendlich viele Möglichkeiten. Entscheidung beendet Freiheit. In dem ich Priester geworden bin und den Zölibat versprochen habe, bin ich in der Partnerwahl nicht mehr frei. Das kann man aber genauso von einem verheirateten Menschen sagen. Zölibatäre und Eheleute sind gebunden.

Sich zu entscheiden heißt Freiheit aufzugeben. Vorher ist alles möglich und alles denkbar – ist die Entscheidung ernstlich getroffen, dann gibt es nur noch den einen Weg.

Meiner Erfahrung nach ist das etwas Wunderschönes. Freiheit zu opfern und auf neue Wege und neue Perspektiven gestoßen zu werden – die wiederum zur Entscheidung auffordern.

Gott ruft mich in die Freiheit – nicht die Freiheit des Nicht-Entscheidens – sondern in die Freiheit des Entscheidens. Aus der Möglichkeit Wirklichkeit zu machen. Das ist für mich Berufung. Meine von Gott gegebenen Möglichkeiten zu verwirklichen. Eine Freundin zitiert immer gern den Satz: „Wer sich immer versucht alle Türen offen zu halten, der muss sich nicht wundern, dass er sein Leben auf dem Flur verbringt.“

Gehen wir mutig durch die Tür die uns gerade vor Augen steht. Christus ist diese Tür, er wartet direkt im Durchgang und führt weiter. Die Entscheidung liegt bei mir!

Ihr Kaplan Ferdinand Moskopf

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