“ Eine Revolution der zärtlichen Liebe“ – Sonntagsimpuls zum 13. Februar 2022
Den Sonntagsimpuls der Pfarrei Heilige Elisabeth spricht heute Dr. Jürgen Wätjer.
Ich begrüße Sie zum Sonntagsimpuls am 13. Februar 2022, dem 6. Sonntag im Jahreskreis! Ich heiße Jürgen Wätjer und arbeite als Pastor in der Pfarrei Heilige Elisabeth.
Das Evangelium dieses Sonntags verkündet uns die sogenannte Feldpredigt beim Evangelisten Lukas (6, 20-26): Auf die Seligpreisungen am Anfang folgen einige Weherufe. Das, was Jesus uns da heute im Evangelium vorlegt, könnte man modern auch als sein „Pastoralkonzept“ bezeichnen – oder noch betonter formuliert: sein „Parteiprogramm“. Die Frage ist nur, ob er damit heute Wahlen gewinnen würde.
Jesus stellt sich nämlich eindeutig auf die Seite der Armen, der Hungernden, der Weinenden, und auf die Seite all jener, die um seinetwillen gehasst, beschimpft, in Verruf gebracht und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. All diese sind für ihn die Glücklichen. All diesen verspricht er den großen Lohn im Himmel. Die anderen aber lehnt er ab: die Reichen, die Satten, die, die jetzt lachen, und die, die von allen Menschen gelobt werden. Ihnen ruft er ein „Wehe“ zu und verkündet ihnen eine trostlose Zukunft.
Papst Franziskus hat für dieses Programm Jesu einen wunderbaren Begriff gefunden. Er nennt es die „Revolution der Liebe“. Wörtlich schreibt er in seiner ersten Enzyklika „Evangelii Gaudium – Die Freude des Evangeliums“: „Der Sohn Gottes hat uns … zur Revolution der zärtlichen Liebe eingeladen“.
Was bedeutet das konkret? Das erklärt Papst Franziskus in seinem apostolischen Schreiben „Gaudete et exultate“ – „Freut euch und jubelt“. Dort verweist er auf die Seligpreisungen Jesu und nennt diese den „Personalausweis des Christen“. Wörtlich schreibt er: „Wenn sich also jemand von uns die Frage stellt: ‚Wie macht man es, ein guter Christ/eine gute Christin zu werden?‘, dann ist die Antwort einfach:
Es ist notwendig, dass ein jeder auf seine Weise das tut, was Jesus in den Seligpreisungen sagt“. Also: sich auf die Seite der Armen stellen, der Hungernden und Weinenden und auf die Seite derer, die wegen ihres christlichen Glaubens beschimpft, ausgeschlossen und in Verruf gebracht werden.
Der Papst ist sich sehr wohl bewusst, dass man sich dadurch gegen den Strom stellt, gegen den „Main-Stream“, wie es heute so schön heißt. Diese Seligpreisungen, so schreibt er, „richten sich … deutlich gegen den Strom der Gewohnheit, gegen das, was man in der Gesellschaft so tut; … die Welt treibt uns im Grunde zu einem anderen Lebensstil“. Daher ist das, was Jesus hier lehrt, also seine Seligpreisungen und seine Weherufe, eine Revolution, aber keine macht- oder parteipolitische, sondern eine „Revolution der zärtlichen Liebe“.
Ein Vorbild für diesen Weg kann uns auch der heilige Franz von Sales sein. Der hl. Franz von Sales lebte von 1567 bis 1622 in Savoyen, südlich des Genfer Sees, in den französischen Alpen. Er war Bischof der Diözese Genf mit Sitz in Annecy und einer der großen Reformbischöfe, der nach dem Konzil von Trient entscheidende Impulse für die Erneuerung der Kirche setzte. Seine Lehre und Spiritualität orientieren sich haargenau an diesem Programm Jesu. Und nicht selten wurde und wird er dafür bis heute ausgelacht und verspottet, oder als altmodisch, weltfremd, nutzlos und überfromm entwürdigt. Er stellt sich eben genauso wie Jesus gegen den Strom.
Die salesianischen Seligpreisungen geben davon Zeugnis:
„Selig die biegsamen Herzen, den sie werden nie brechen!“ heißt eines dieser Seligpreisungen des heiligen Franz von Sales. Oder: „Selig die Seelen, die nach dem Willen Gottes ihren Weg gehen und ihn von ganzem Herzen suchen“. Und ein drittes Beispiel: „Ja, Gott ist gut, und selig das Herz, das ihn liebt.“
Es gibt auch salesianische „Wehe-Rufe“: „Meine Seele, du bist Gottes fähig! Wehe dir, wenn du dich mit weniger als Gott begnügst!“ Oder „Wehe dem, der sich der Sache Christi widersetzt“. Und schließlich: „Wehe denen, die versuchen, durch eigenes Bemühen zu Ämtern und Oberen befördert zu werden, oder die sie nach ihrer Wahl ergreifen, denn sie suchen die Versuchung.“
Viele Menschen können vermutlich heute mit solchen Sätzen oder einem solchen Programm nichts anfangen, vor allem natürlich jene, die durch solche Aussagen kritisiert oder dazu aufgerufen werden, ihr Leben zu ändern. Aber genau das ist ja das Prinzip und der Sinn einer Revolution: Veränderung und Umkehr. Das wollte Jesus, das wollte Franz von Sales. Und Papst Franziskus macht uns deutlich, es geht dabei um unser Glück und unsere Freude. Diese Revolution ist eben eine „Revolution der zärtlichen Liebe“.
Amen.