Bibel-Impuls zum 1. Adventssonntag 2021

Mit dem neuen Kirchenjahr beginnt das Lesejahr C, in welchem uns vorrangig das Lukas-Evangelium begleiten wird. Wir hören daraus am 1. Adventssonntag einen Abschnitt (Lk 21, 25-28.34-36), der uns auf den ersten Blick viel Angst machen könnte:

Die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

(Lk 21, 26-28, revidierte Einheitsübersetzung 2016)

Dieser Text steht im Kontext der Rede Jesu über die Endzeit (Lk 21, 5-36), die mit der Zerstörung des Tempels (Verse 5+6) und der Stadt Jerusalem (Verse 20-24) im Jahre 70 n. Chr. durch Titus beginnt. Diese Schreckenszeit erschüttert nicht nur die betroffenen Menschen (Juden wie Christen), sondern den ganzen Kosmos (Vers 25).

Auch wenn wir heute – fast 2000 Jahre später – immer noch ganz fröhlich leben, so können uns doch die Zukunftsaussichten unserer Welt erschrecken: die Folgen des Klimawandels –- Abschmelzen der Pol-Kappen und Gletscher, Verwüstung breiter Landstriche, Untergang ganzer Länder wie Bangladesch oder die Niederlande -, der rasante Verlust der Artenvielfalt, die atomare Hochrüstung zwischen den Großmächten, die Möglichkeiten eines Cyber-Krieges, die totale elektronische Kontrolle der Individuen usw. – all das sind ganz reale menschengemachte Gefahren, die uns das Fürchten lehren. Die Apokalypse ist nicht weit!

Genau in diese unsere Lage hinein spricht unser Evangelium: „Seht auf und erhebt eure Häupter!“ Es hilft nämlich nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und die Krise zu verdrängen. Hilfreich ist nur die Hoffnung, dass Gott diese seine Welt noch nicht verloren gegeben hat, und entschiedenes Handeln, das sich nicht lähmen lässt von der Größe der Aufgabe, sondern mutig und zielgerichtet die kleinen und großen Schritte wagt, die möglich sind.

Unsere Augen richten sich dabei auf den „Menschensohn“, von dem schon am vorigen Sonntag in den Lesungen die Rede war. Er „kommt in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit“ (Vers 27). Er ist die Solidarität Gottes mit uns „in Person“. Mit seinem ersten „Advent“ hat unsere Erlösung bereits begonnen; mit seinem zweiten „Advent“ wird sie ihr Ziel erreichen. In dieser Perspektive gehen Engagement und Gelassenheit zusammen: wir arbeiten als Christen gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung – und wir legen die Zukunft vertrauensvoll in Gottes Hände.

Herzliche Adventsgrüße, Helmut Röhrbein-Viehoff